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Mund zusammen. Ich ging in die Küche, um Teewasser aufzusetzen. In der Tür blieb ich verdattert stehen. Hatte ich mir das Chaos gestern bloß eingebildet? Corinna saß am Tisch und grinste, als sie mich sah. Die Küche war aufgeräumt und sauber. Vor meiner Schwester stand der Brotkorb, fünf Brötchen lagen darin. Sie hatte für drei Personen gedeckt. Auf der Herdplatte kochten in einem Topf drei Eier, aus dem Wasserkessel dampfte es. »Ich glaub, ich muss noch mal ins Bett. Ich träume.« Er- leichtert stellte ich fest, dass meine Stimme fast normal klang. Corinnas Grinsen wurde breiter. »Setz dich. Ich dachte, ich muss dich ein wenig aufpäppeln.« Ich ging zu meiner Schwester, umarmte sie von hinten und drückte ihr einen Kuss aufs Haar. »Danke! Du bist die beste kleine Schwester, die ich mir wünschen kann.« Corinna lehnte sich an mich und so blieben wir für eine Weile, bis sie ausrief: »Shit! Die Eier, sie werden hart!« Sie sprang auf und nahm den Topf vom Herd. Ich setzte mich und schaute ihr zu. Zuneigung und Stolz durchfluteten mich. Meine Schwester konnte ein Biest sein. Sie war frühreif, dickköpfig und oft unzuverlässig.

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Aber in Momenten wie diesem liebte ich sie. Die Eier waren tatsächlich schon hart, aber das machte nichts. Wir frühstückten ausgiebig. Danach räumte Corinna den ungebrauchten dritten Teller wortlos in den Schrank. Sie bemühte sich, ihre Enttäuschung nicht zu zeigen, aber ich wusste, dass es ihr genauso ging wie mir. Nun fühlte ich mich kräftig genug, um mich um die Wäsche zu kümmern. Corinna ging in ihr Zimmer Musik hören. Bald darauf wummerte der Bass durch die geschlossene Tür. Falls Mutter davon wach werden sollte, pfft, sollte sie doch! Es war schon Ewigkeiten her, dass sie mit uns gefrühstückt hatte. Selbst am Muttertag war sie mit Kopfschmerzen bis spät am Nachmittag im Bett geblieben. Ich wusste genau, woher ihre Kopfschmerzen stammten. Der Wäschekorb quoll über. Erst die Jeans, beim zweiten Waschgang die Kochwäsche. Ich nahm die Hosen, durchsuchte sie, bevor ich sie in die Trommel stopfte. Mutter vergaß häufig Geld in ihren Taschen. Auf diese Weise hatte ich schon einiges zusammengekratzt. Zum Glück, sonst hätte ich manchmal nicht gewusst, wovon ich einkaufen gehen sollte. In einer Hosentasche von

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